Es war einmal und ist nicht mehr.
Ob es mir damals gut ging wusste ich sicher nicht, was ich wusste war, das ich als ein Arbeiterkind auf die Welt kam.
Reiche, in dem Sinne gab es hier im Dorf nur wenige, wenn überhaupt.
Sicher gab es Menschen denen es besser ging als uns. Diese wohnten mit in dem Haus ihrer Großeltern und dadurch
konnten sie sich Dinge erlauben, die für Häuslebauer meist nicht erschwinglich waren. Urlaubsfahrten oder ähnliches.
Eltern die eine bessere Schulbildung genossen hatten, deren Kinder hatten ganz andere Bildungsmöglichkeiten und dadurch bessere Berufsaussichten. Auf dem Lande war es noch Brauch und Sitte das der Mann das Geld verdiente und ihre Frauen im häuslichen Bereich wirkten.
In unserem Dorf waren es höchstens eine Handvoll Frauen die einer gewerblichen Arbeit nach gingen,
das war halt in diese Zeit gang und gebe, was sich aber mit der Zeit wandeln sollte.
Ich kenne einen Herrn Wagner aus Gundernhausen, der die Gunst der Stunde erkannte.
Der aus dem ausgebombten Darmstadt Feinmechaniker Drehbänke und anderes barg, um sich hier im Ort seine eigene Feinmechaniker Firma (Wagner) aufzubauen. Er bildete so einige Gundernhäuser zu Feinmechanikern aus
und gab ihnen Brot und Arbeit.
Handwerker waren in unserem Ort gut vertreten, dafür sorgte Bürgermeister Opitz.
Dieser wurde von den Siegermächten als Bürgermeister eingesetzt, da er unbelastet die Hitlerzeit überstand.
Das Handwerker im Ort blieben, haben wir ihm zu verdanken, wo sie seiner nach Meinung gebraucht wurden.
Jahre später sollte sich herausstellen das unser Bürgermeister nicht in allem recht hatte.
Die noch ansässigen Handwerker darbten fast am Hungertuch und ihre Firmen verschwanden
aus dem Orts-geschehen.
Es war alles im Umbruch im Wandel.
Es gab meines Wissens nach in unserem Dorf drei Schuster, Weygand, Schacker (Nordhäuserstr.) und Anton Dintelmann von dem ich nur weis, das er den Beruf des Schusters erlernte und in der damaligen Hitlerstrasse und jetzigen Bruch- wiesenstr wohnhaft war.
Zwei Bäcker gab es in der Nordhäuserstr, den Schanz und den Mahr der auch noch einen Kolonialwaren-Handelsgeschäft sein eigen nannte.
Einen Küfer namens( Eidenmüller) gab es in der Hauptstraße, er stellte Holzfässer und Bütten her und kelterte im Herbst . Äpfel, die Bauern und Gartenbesitzer bei Ihm anlieferten.
Einen Zimmermann namens Riedel, war in der Bruchwiesenstr. zu finden, er erstellte Dachstühle.
Drei Schreinereien gab es in Gundernhausen die Firma Opitz, Steinbrecher und einige Jahre später die Firma Meder.
Es gab einen Maurermeister Bernhard. Hottes, der mein Großonkel war. Der auch im Nebenerwerb Landwirt war und
ein Kuhgespann hatte. Er war da nicht ganz alleine in Gundernhausen. In der Nordhäuserstrasse hatte
der Landwirt Schnauber auch noch ein Kuhgespann. Pferdegespanne konnten sich nur grössere Bauern leisten!
Der einzige Bauer der einen Lanztraktor sein eigen nannte, war der Bauer und Holzrücker Antes in der Nordhäuserstrasse.
Herrn Schnaubers Sohn Dieter hatte wohl eine Wette abgeschlossen, und er ritt mit einer Kuh geradewegs
in die Krone ein Lokal in unserem Ort.
Wieviel Liter Bier er gewann ist mir nicht bekannt, wird sicher ein feuchtfröhlicher Abend gewesen sein.
Einen Weißbinder (Weygand) die auch Verputzterarbeiten erledigten, den gab es in der Bruchwiesenstr.
An einen Hufschmied kann ich mich erinnern, der war an der Hauptstrasse ansässig.
Unser Tapeziermeister im Ort war der Foltherwilhelm auf der Hauptstraße ( ich glaube das war sein Neckname)
Der stellte meines Wissens auch Farben her, zumindest mischte er sie aber.
Zum Einsatz kamen sie für Innenwände Flure und Treppenhäuser.
Die Farben wurden mit einer Gummi-Walze auf den vorher frisch weiß getünchten Wand, in verschiedenen
Arbeitsgängen und Farben aufgetragen.
Zumeist waren es Blumenmuster die da entstanden, es waren die Muster die auf den Gummiwalzen eingegeben waren.
Auch Terpentin zum verdünnen von Ölfarben und Leinölfirnis gab es hier zu erwerben.
Baumärkte gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Knochenleim stellte er selbst her, es mag aber auch sein, das er diese in grossen Gebinden kaufte und dann umfüllte.
Den Knochenleim musste ich immer für meinen Vater holen den er zur ( Holz-Verleimung) brauchte.
Unser Vater baute uns einen Kinder Verkaufsladen und für meine Schwester eine Puppenküche
und das in einer Perfektion die wir unserem Vater nicht zugetraut hätten!
An einen Fotografen mit Namen Nispel der an der Hauptstraße wohnte, kann ich mich erinnern.
Einen Schneidermeister Schantz gab es in der Nordhäuser Straße.
Einen Wagner mit namens Kojof, der unter anderem Handwagen für die Bewohner unseres Ortes baute.
Holzräder, Leitern und auch Baugerüste, Deichseln und Leiterwagen herstellte.
Ein Schmied durfte da nicht fehlen, er beschlug Pferde, versah die Holzräder der Bauern mit neuen Eisenringen,
Gummireifen für Bauernwagen waren noch selten, alles war im Umbruch.
Die Schmiede war an der Hauptstraße angesiedelt.
Ein Klempner namens Heyer ist mir noch bewusst, den ich als Kind sah, wenn er Dachrinnen erneuerte oder flickte.
Man sah ihn ab und an vor den Spielautomaten in der Krone, das machte ihm wohl mehr Spass wie das Klempnern.
Ein Elektro und Schlosserei Geschäft Stetter gab es.
Bei dem man alles rund um den Bau kaufen konnte, er bildete auch Schlosser aus.
Zwei Kranzbindereien gab es, eine in der Norhäuserstraße geführt von Annche Kaffenberger
und auf der Hauptstraße eine bei Horst Webers Mutter Maria.
Die meisten unserer Anwohner hatten einen kleinen Garten auf dem man Gemüse Kartoffeln und Obst anbauen konnte.
Supermärkte gab es hier noch nicht, nur einige kleinere Einkaufsläden.
Nur ein handvoll Einzelhändler gab es, den Langer in der Kirchwiesenstraße, in der Darmstädter Straße den Heyer,
den später Heinrich Stetter unser Jungscharleiter übernahm.
Ein Konsum entstand, der von Frau Wagner geführt wurde und jeder kannte das Lottdedortche die beide ihr Geschäft
in der Nordhäuserstraße hatten.
Die Firma Dintelmann in der Bahnhofstraße hatten Lebensmittel und eine Metzgerei.
Bei ihnen konnte man sich mit Grundnahrungsmittel wie Öl, Palmin, Essig Zucker Mehl Reis Salz eindecken.
Metzgereien gab es den Helm auf der Hauptstrasse, den Dintelmann in der Bahnhofstraße, den Gaubatz in der
Nordhäuserstraße.
Einige Jahre später konnte man auf dem Sonnenhof (Reiterhof) bei Walter Schantz Dosen und Wurstwaren kaufen.
Ich selbst kaufte gerne beim Bauer Amann auf der Hauptstraße meine Wurst.
Die meisten Bauern hatten Wurstwaren in Dosen aber auch im Darm zu verkaufen.
Hausschlachtung waren damals noch erlaubt und üblich.
Milch und Butter gab es bei dem Seibels Bettchen in der Nordhäuserstraße.
Mein Opa Heinrich, väterlicher seits war mit ihr verheiratet und trennte sich aber wieder von Ihr.
Glücklich wurde er erst mit Barbara Weygand (Wasserbabettche).
Heiraten konnten sie nicht, das sich Opas Ex nicht scheiden lassen wollte, was damals noch möglich war.
Ein Wirkwaren und Stoff Geschäft namens Fuchs fand man (Ortsausgang Richtung Groß-Zimmern).
Da gab es alles über Bordüren, Knöpfe, Reißverschlüsse, Stoffe und natürlich auch Bettwäsche und sicher auch
Schlafanzüge und Unterwäsche.
Und es gab eine Milch Annahmestelle (Becker) bei der die Bauern ihre Milchkannen ablieferten.
Mal sehen ob ich noch die Bauern mit ihren Namen zusammen bringe!
Nein mein Gedächniss lässt mich leider noch im stich.
Die Grossbauern im Ort waren die Familie Schönig, Peschka, Breitenbach, Schnauber, Antes, Esser, Schantz, Dittmann
Hanstein, Schütz, Becker,Bichler,Hanstein, Schad, Heil, Amann. Nicht zuvergessen wenn auch am Rande von Gundernhausen,
die Hunsmühle mit dem Bauern Huf.
Der dem Bier nicht abgeneigte Bauer Heil wohnte mir gegenüber in der Bruchwiesenstr.
Wir Jugendlichen verdienten uns ein paar Zehner(Pfennige dazu) in dem wir ihm halfen die Rüben in seinen
Keller zuverfrachten.
Mein erstes Schlachtfest erlebte ich dort. Beim Schlachten des Schweines durften wir Kinder nicht dabei sein, aber später beim verwursteln. Na klar nahmen uns die Erwachsenen gerne aufs Ärmchen indem sie mich oder uns durch unseren Ort schickten um eine Saumagenpresse die sie angeblich verliehen hatten zuholen.
Ich wurde von einer Metzgerei zur nächsten geschickt um dann zuerfahren
das diese gerade in der Schlosserei Stetter zur reparatur sei. Der Herr Stetter aus der Schlosserei nahm mich
liebevoll zur Seite um mir im vertrauen zu sagen das es sowas gar nicht gibt.
Zur Belohnung bekamen wir, wie sie es nannten mit Schweineblut unser Blutwürstchen vermessen.
Die wir dann nach dem kochen geniessen durften.
Sie nahmen dazu einen Finger tauchten ihn ihn Schweineblut und machten eine Längenmarkierung über unserm Mund
Ein grosser Arbeitgeber war die OHI in Rossdorf. Sie bauten Basalt ab und beschäftigten so einige Einwohner unseres Ortes.
Auf unserem Friedhof steht heute noch ein wuchtiger Basaltgedenkstein der an ein Bergbauunglück
bei dem einige Arbeiter ums Leben kamen erinnert.
Es war eine Zeit des Umbruches und aus einigen Bauern wurden Nebenerwerbslandwirte und das waren nicht gerade wenige.
Ich schliesse mal an dieser Stelle meine Geschichte,